Altwied aktuell



Krankheiten im Mittelalter

Krankheiten im Mittelalter


"Erzittre, Welt, ich bin die Pest, ich komm in allle Lande

und richte mir ein großes Fest, mein Blick ist Fieber, feuerfest

und schwarz ist mein Gewande."


Die "Pest"


Allgemeines / Historisches


Der Begriff pest stammt aus dem Lateinischen und bedeutet ansteckende Krankheit, Seuche.


Die Pest ist eine hochgradig ansteckende, bakterielle Infektionskrankheit, die sowohl als Beulen- als auch als Lungenpest auftreten kann. Sie ist ihrem Ursprung nach eine bei wildlebenden Nagetieren vorkommende Erkrankung (Zoonose). Die heutige Verbreitung der Krankheit wird nur noch aus den pestverseuchten Reservoiren wildlebender Nager gespeist. Diese existieren in Zentralasien, Ost- und Zentralafrika, Südamerika und den Rocky Mountains in den USA. Heute sind Bewohner von Bergwäldern und Hochflächen sowie Jäger gefährdet.


In historischen Zeiten breitete sich die Pest wiederholt in schweren Seuchenzügen über Europa und Asien aus. Erste Berichte über die Erkrankung reichen bis in die Antike zurück, so beschreibt z.B. THUKYDIDES um 430 v.Chr. eine Seuche während des Peloponnesischen Krieges im belagerten Athen. Zwischen 1347 und 1352 breitete sich eine später als der "schwarze Tod" bezeichnete Pandemie, d.h. eine über mehrere Länder verbreitete Epidemie, bis nach Island aus und forderte ca. 25 Millionen Tote. Dies entsprach etwa einem Drittel der damaligen Bevölkerung! In der Folgezeit kam es immer wieder zu mehr oder minder schweren Epidemien. 1896 nahm eine erneute Pandemie ihren Ausgang in Asien. Sie dauerte ca. 50 Jahre an und erstmals kam es über die Verbreitung infizierter Ratten mit der Handelsschiffahrt zu Krankheitsfällen in allen großen Häfen der Welt. Diese letzte große Pandemie verursachte ca. 12 Millionen Todesfälle.


Eines der bedeutendsten Werke der Literatur, das sich mit dieser Erkrankung befaßt, stammt von dem Franzosen Albert Camus (1913-1960). Es erschien 1947 unter dem Titel "Die Pest" in deutscher Sprache.


Erreger


Der Erreger der Pest ist Yersinia pestis ein unbegeißeltes, stäbchenförmiges, gramnegatives (also sich nicht in der Gramfärbung anfärbendes) Bakterium. Es wurde 1894 von A.E. YERSIN und S. KITASATO entdeckt und nach dem ersteren benannt.


Infektionswege


Die Pest wird durch verschiedene Ektoparasiten übertragen. Dies sind Parasiten, die auf der Körperoberfläche ihrer Wirte leben, wie z.B. Flöhe. Die Rattenpest ist ein häufiger Vorläufer von Epidemien beim Menschen. Rattenflöhe infizieren sich an erkrankten Ratten und suchen nach dem Tod der Ratten den Menschen als Ersatzwirt auf und infizieren ihn mit der Erkrankung. Über Menschenflöhe wird die Erkrankung dann von Mensch zu Mensch weitergetragen. Eine Ansteckung ist aber auch über infizierte Gegenstände und als Tröpfcheninfektion über die Atemwege möglich.


Inkubationszeit


Die Inkubationszeit beträgt je bei der Lungenpest 1 Tag, bei der Beulenpest bis zu 6 Tagen.


Symptome


Die Erkrankung tritt je nach Übertragungsart und Verlauf in unterschiedlicher Ausprägung auf. Es können 4 Formen unterschieden werden. Die am häufigsten auftretende Form ist die durch Bisse des Rattenflohs übertragene Beulen- oder Bubonenpest. Sie beginnt nach einer Inkubationszeit von 2-6 Tagen mit Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen, Benommenheit und schwerem Krankheitsgefühl. Im Lymphabflußgebiet des Flohbisses kommt es zu einer äußerst schmerzhaften Entzündung von Lymphgefäßen und Lymphknoten, die zu Beulen von bis zu 10 cm Größe anschwellen können. Nachdem sie eitrig eingeschmolzen sind, können sie dann als Geschwür zerfallen. Brechen die Beulen auf oder werden sie künstlich eröffnet ist eine Heilung möglich. Leider kommt es bei mehr als der Hälfte der Patienten zu einem tödlichen Verlauf der Erkrankung durch Übertritt der Erreger in die Blutbahn (Septikämie) mit der Entwicklung einer Lungenpest oder aber zu einer Streuung der Erreger mit ausgedehnten Hautblutungen ("schwarzer Tod").


Die Lungenpest kann sich, wie oben erwähnt, im Verlauf der Beulenpest entwickeln (sekundäre Lungenpest), sie kann aber auch direkt durch eine Tröpfcheninfektion, d.h. eine Übertragung von Mensch zu Mensch, hervorgerufen werden (primäre Lungenpest). In diesem Fall ist die Inkubationszeit mit 1-2 Tagen sehr kurz. Sie beginnt meist stürmisch mit Atemnot, Husten, Blaufärbung der Lippen und schwarz-blutigem Auswurf. Das Abhusten des hochinfektiösen Sputums ist sehr schmerzhaft. Später entwickeln sich ein Lungenödem und Kreislaufversagen. Unbehandelt verläuft die Lungenpest immer tödlich, meist zwischen dem 2. und 5. Krankheitstag.


Die Pestsepsis tritt nicht nur als Komplikation der Beulen- und Lungenpest auf, sie kann auch primär ohne andere Symptome vorkommen. Sie endet fast immer tödlich. Neben diesen 3 schweren Verlaufsformen sind auch milde Verläufe möglich. Man spricht dann von der abortiven Pest. Sie geht oft nur mit mildem Fieber und einer geringen Lymphknotenschwellung einher und verleiht eine langanhaltende Immunität.


Diagnose


Die Verdachtsdiagnose ergibt sich aus dem Beschwerdebild des Patienten und den Begleitumständen (Epidemiologie). Die Erreger werden mikroskopisch und kulturell in Sputum, Blut oder im Lymphknoteneiter nachgewiesen. Die Diagnosestellung kann auch serologisch erfolgen. Die ersten Fälle werden in der Regel nicht erkannt, besonders wenn es sich um die Lungenpest handelt.


Komplikationen


Lungenpest und Pestsepsis können als Koplikationen einer Beulenpest auftreten. Sie stellen aber, wie oben beschrieben, auch eigenständige Verlaufsformen der Erkrankung dar.


Therapie


Für eine erfolgreiche Therapie ist die Anwendung von Antibiotika so frühzeitig wie möglich notwendig. Penizilline sind nicht wirksam. Eingesetzt werden Tetrazykline, Streptomycin, Sulfadiazin oder Chloramphenicol.


Letalität


Die Letalität beträgt bei der unbehandelten Pestsepsis und Lungenpest bis zu 100%.


Prophylaxe


Die Prophylaxe mit Sulfonamiden oder Tetrazyklinen bei Risikogruppen, wie z.B. Krankenhauspersonal, hat die durch Nebenwirkungen belastete Schutzimpfung weitgehend abgelöst. Die Pest gehört nach dem Bundesseuchengesetz zu den meldepflichtigen Erkrankungen; zu melden sind Verdacht, Erkrankung und Tod. Die beste Prophylaxe besteht in der Bekämpfung von Ratten und Flöhen sowie der Überwachung und Meldung von Nagetiersterben.


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